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Samstag, 5. März, 20 h -- Wunderschön


Drama, Deutschland 2022, 132 min.

Regie: Karoline Herfurth

Besetzung: Karoline Herfurth, Nora Tschirner, Martina Gedeck, Joachim Król, Friedrich Mücke, Maximilian Brückner,…


Frauke (Martina Gedeck) steht kurz vor ihrem 60. Geburtstag und findet sich von Tag zu Tag weniger schön. Ihr Mann Wolfi (Joachim Król) hat derweil andere Probleme: Er ist pensioniert und weiß aktuell nichts mit sich anzufangen. Ihre gemeinsame Tochter Julie (Emilia Schüle) will als Model groß durchstarten und versucht krampfhaft, sich dem Schönheitsideal der Branche anzupassen.

Leyla (Dilara Aylin Ziem) ist Schülerin und verfolgt das Leben von Julie mit. Mit sich selbst ist sie schon lange nicht mehr zufrieden, sie fühlt sich als Außenseiterin. So ein Leben wie Julie würde sie auch gerne führen, denn in einer Sache ist sie sich sicher: Wenn man so aussieht wie das junge Model, kann das Leben nur besser sein!

Währenddessen kämpft Julies Schwägerin Sonja (Karoline Herfurth) mit den Folgen ihrer zwei Schwangerschaften. Ihr Mann Milan (Friedrich Mücke) unterschätzt, welchem Stress sich die junge Mutter aussetzt. Sonjas beste Freundin Vicky (Nora Tschirner) sieht das pragmatisch, für sie war schon immer klar, dass Männer und Frauen nie gleichberechtigt miteinander umgehen werden. Doch sie rechnet nicht mit ihrem Kollegen Franz (Maximilian Brückner), der sie vom Gegenteil überzeugen möchte..


Egal ob Jung oder Alt, Mann oder Frau – einem bestimmten Schönheitsideal nachzueifern kennt wohl fast jeder von uns.

Da geht es der jungen Mutter Sonja nicht anders, nach zwei Schwangerschaften kämpft sie mit ihrem Körpergefühl und um die Beziehung zu ihrem Mann Milan. Auch Frauke, kurz vor ihrem 60. Geburtstag, teilt dieses Schicksal und fühlt sich für ihren Mann nahezu unsichtbar. Tochter Julie feilt derweil an ihrer Modelkarriere, doch immer wieder wird ein Makel an ihrem Körper entdeckt…


Wann fühlen wir uns (wunder)schön? Dieser Frage geht Schauspielerin Karoline Herfurth, die mit der romantischen Komödie „SMS für dich” eines der stärksten deutschen Regiedebüts seit langer Zeit abgeliefert hat, mit ihrer dritten Regiearbeit „Wunderschön” auf den Grund. Dabei zeigt sie Frauen, die ebenfalls auf der Suche nach einer Antwort sind – so wie die Anfang 60-Jährige Frauke, die von ihrem Mann nicht einmal mehr angeguckt wird. Oder das Model Julie , die es unbedingt auf den Laufsteg schaffen will und die von Teenagerinnen wie Leyla für ihr Aussehen angehimmelt wird, obwohl sie sich selbst dafür fast zu Tode hungern muss.


Karoline Herfurth selbst verkörpert die zweifache Mutter Sonja, die sich aufgrund von Babypfunden und Dehnungsstreifen nicht mehr attraktiv fühlt. Während ihr Mann Milan bei der Arbeit befördert wird, fühlt sie sich nur noch überfordert. Dabei ist ihr auch ihre beste Freundin Vicky keine große Hilfe – denn die schwört darauf, dass es ohnehin das beste sei, einfach Single zu bleiben, um sich gut zu fühlen…


„Wunderschön” ist eine zumindest zunächst noch lose Collage aus thematisch verwandten Geschichten – das wird gleich zu Beginn deutlich, wenn die Kamera vom Familienhaus zur Hipster-Altbauwohnung, von der Modelagentur ins Klassenzimmer springt. Außer Sonja und Vicky scheinen sich die Protagonisten nicht zu kennen – und auch ihre Sorgen mit dem eigenen Aussehen könnten unterschiedlicher kaum sein. Erst nach und nach verbinden sich die Einzelschicksale und es kristallisieren sich immer mehr Parallelen heraus. So beleuchtet „Wunderschön“ die unterschiedlichsten Figuren und Bubbles, um am Ende zu zeigen, dass sich die meisten im Kern doch dieselben Sehnsüchte teilen.


Genau um diesen Kern geht es Karoline Herfurth beim Filmemachen. „Etwas Großes und Ganzes in einem Moment spüren zu lassen”, das sei ihr Ziel. Mit „Wunderschön” ist ihr genau das gelungen, immer wieder werden in nur scheinbar banalen Alltagssituationen übergeordnete Beobachtungen angeschnitten: Beim Enthaarungscreme-Kaufen versucht Vicky ihrer Freundin klarzumachen, dass sie mit ihrem Körper „okay” sein soll. Beim Vorlesen merkt Sonja, dass in allen Kinderbüchern die Mama zuhause bleibt und der Papa arbeiten geht. In ihrer Insta-Story isst Julie ein Croissant, das sie, sobald die Kamera nicht mehr mitfilmt, sofort in die Spüle spuckt.


Das sind alles keine neuen Themen: Body-Positivity, Neutrality, Shaming, unbezahlte Care Arbeit oder die Gefahr der sozialen Netzwerke werden schon seit längerer Zeit medial diskutiert. „Wunderschön“ vermittelt sie aber mit einer ungeschminkten Klarheit, tollen Bildern und genauso tollen Darsteller*innen, zwischen denen die Chemie – auch dank des erneuten Castings von Daniela Tolkien – ganz hervorragend stimmt. Schon in „SMS für dich” überzeugten Karoline Herfurth und Friedrich Mücke als Paar – gewürzt mit Nora Tschirners fabelhaft-trockenem Humor. So zeigt „Wunderschön” nicht nur die dunklen Seiten, sondern auch den Zauber, der entsteht, wenn wir mit unseren Problemen nicht alleine sind und uns vom Druck gemeinsam befreien.


Um ihr Leben ins Lot zu bringen, brauchen einige Protagonisten allerdings erst einen tragischen Moment, den man im eigenen Leben hoffentlich nicht erleben muss. Genau das ist jedoch die Kraft des Kinos: Uns das Schlimmste zu zeigen, damit wir es nicht erfahren müssen, um etwas zu ändern. Daher darf man „Wunderschön” nachsehen, dass er auf der anderen Seite auch einige Momente erzählt, die zu schön sind, um wahr zu sein – zum Beispiel wie Vickys Kollege trotz Ablehnung immer weiter um sie kämpft oder sich der selbstbewusste Baseballspieler auf den ersten Blick in die unsichere Leyla verliebt. Aber wer weiß? Nach „Wunderschön“ fühlt man sich jedenfalls ganz beschwingt, als ob plötzlich doch eine ganze Menge mehr möglich wäre…


Fazit: Der perfekte Wohlfühlfilm für den Winter – und dazu auch noch mit Tiefgang. „Wunderschön” erzählt ohne die üblichen Kinoklischees vom Schönheitsdruck und seinen Wirkungen – und lässt uns am Ende trotzdem glücklich das Kino verlassen, ohne dafür ein verlogenes Happy End aus dem Hut zaubern zu müssen. Damit setzt sich Karoline Herfurth bereits mit ihrem dritten Film an die Spitze des deutschen Kino-Mainstreams!

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